Shin Splints – Schienbeinvorderkantensyndrom

Du verspürst eine Verspannung der Wadenmuskulatur beim Laufen? Zunehmend auch Schmerzen während und nach dem Laufen an der Vorderseite deines Unterschenkels und in den nächsten Läufen auch Schmerzen während des normalen Gehens? Du befindest dich im Aufbautraining deines ersten großen Wettkampfes, vielleicht sogar deines ersten Marathons? Dann hast du sehr wahrscheinlich eines der häufigsten Überlastungsverletzungen im Laufsport – dem so genannten Schienbeinvorderkantensyndrom- oder auch shin splints genannt.

Erste Warnzeichen

  • Verspannung der Wadenmuskulatur
  • Schmerz zu Beginn und gegen Ende eines Laufes im vorderen Bereich des Unterschenkels (meisten im unteren innenseitigen Drittel)
  • dumpfer, ziehender Schmerz im Verlauf auch im Gehen
  • Schmerz beim Strecken der Zehen (Fuss „wie im Ballett“ ganz nach vorn strecken/bei Plantarflexion)

Am häufigsten tritt eine solche Überlastung bei Intensivierung des Lauftrainings in den ersten Monaten auf – vor allem beim ersten Marathontraining. Bei zu forscher Herangehensweise und falschem Ergeiz wird die Trainingsintensität zu schnell gesteigert. Bänder, Sehne, Muskeln können sich so schnell nicht anpassen und die auftretenden Kräfte während des Laufens können nicht mehr adäquat genug abgepuffert werden. Es entstehen Zugkräfte entlang der Muskulatur,  vor allem an den Muskel-Sehnenübergangen und Ansätzen der Muskulatur am Knochen. Dort kommt es zu lokalen Entzündungen und führt sukzessive zu muskulären Dysbalancen mit all ihren schmerzhaften Konsequenzen.

Risikofaktoren sind demzufolge falsches Training, Übergewicht, biomechanisch schlechte Vorraussetzungen (d.h. eine schlechte Stabilität im Rumpf-und Beckenbereich, Einschränkung der Hüftbeweglichkeit, Blockaden im Fusswurzelbereich….) und zum Teil auch falsches Schuhwerk. Zu 99% finden sich aber Defizite in der Biomechanik, wobei Körperzustand und Trainingsumfang nicht zusammen passen.

Warum die Vorderseite des Schienbeins

Die Wadenmuskulatur, vor allem der M. tibialis anterior und posterior bilden mit ihren Sehnen eine Art Steigbügel rund um den Fuß. Sie kontrollieren beim Laufen das langsame Absinken des Vorfußes, sodass initial der Aufprall des Fußes abgepuffert werden kann. Kommt es durch oben genannte Faktoren zu einer Überlastung dieser Muskeln, nimmt deren Funktion ab, so dass diese Phase des Laufes nicht mehr effizient durchgeführt werden kann und die Belastung auf den Fuß und auf die Wadenmuskulatur zunimmt. Ziel ist also neben der Anpassung des Trainings und unter Fehlersuche im Bereich der Biomechanik, die entstandenen muskulären Dysbalancen gezielt zu bearbeiten.

Eigentherapie

Zeigen sich erste Anzeichen eines Schienbeinvorderkantensyndroms musst du nicht gleich zum Arzt gehen, sondern kannst versuchen, dir erstmal selbst zu helfen.

Eigentherapie
Beispielübungen zur Eigentherapie

Initial kann man bei Auftreten eine Schienbeinkantenschmerzes folgendes tun:

  • nach dem Lauf lokal Eiskompressen auflegen
  • vor und nach dem Lauf Dehnung der Wadenmuskulatur, Schienbeinmuskulatur, Gesäßmuskulatur
  • 1x/Tag Faszienrollen im Bereich der seitlichen Oberschenkelmuskulatur, vorderen Oberschenkelmuskulatur, Schienbeinmuskulatur, Wadenmuskulatur und der Fusssohle

Grundsätzlich wird im Laufsport sehr häufig ein adäquates Kraft- und Koordinationstraining zusätzlich zum Lauftraining vernachlässigt. Um das weiter auszuführen bedarf es aber einen gesonderten Artikel …

Sollte der Schmerz anhalten und diese Massnahmen nicht greifen ist ein Gang zum Physiotherapeuten/ Osteopathen/Sportmediziner (in der Reihenfolge😬) dringend anzuraten. Nur so können andere Verletzungen (zum Beispiel ein Ermüdungsbruch des Schienbeins) ausgeschlossen werden. Zudem kann eine genaue Analyse der Biomechanik erfolgen. Häufig zeigt sich eine Schwäche der Bauch- und Beckenmuskulatur, Blockaden im unteren Rückenbereich, Einschränkungen der Hüftgelenksbeweglichekit oder auch (und nicht selten) Verspannungen der Kaumuskulatur und Fehstellungen im Kiefergelenk, die sich über Faszienzüge in die Hüften und Beine als Fehlbelastung fortsetzen. Anhand der Befunde kann dann ein genauer gezielter Rehabilitationsplan erstellt werden.

Bei lang anhaltenden Schmerzen ist dann neben dem täglichen Eigenprogramm mit Dehnungs- und Kräftigungsübungen auch wöchentliche Physiotherapie ratsam. Auf Medikamente kann meistens so gut wie verzichtet werden, da sie zwar den Entzündungsschmerz reduzieren aber niemals die mangelhafte Biomechanik als Auslöser korrigieren.

Je nach Befund sollte in der Physiotherapie folgendes durchgeführt werden: Mobilisierung der Gelenksdysfunktionen (häufig, Fusswurzelknochen, Sprunggelenk, Knie, proximales Tibiafibulargelenk, Hüftgelenk, unteren LWS Segmente), Weichteiltechniken (Muskel, Sehne, Faszie) im Bereich der gesamten Unterschenkelmuskulatur. Dabei handelt es sich vor allem um tiefe Gewebsarbeit, welche nicht wirkich schmerzfrei (😬) aber notwendig ist, um die Beweglichkeit der einzelnen Gewebsschichten wieder herzustellen und somit optimale Vorraussetzungen für die Durchblutung und den Lymphabfluss (und mit auch die Entzündungslinderung) bieten. Die Weichteiltechniken sind dann je nach Befund auch im Bereich der seitlichen Oberschenkelstrukturen und des Gesäßes weiterzuführen. Auch können im Rahmen der Physiotherapie gezielte Kräftigungsübungen instruiert und angelernt werden. 

Wann zurück zum Laufen

Wann geht es zurück zum Laufen? Das ist ziemlich einfach, aber muss trotzdem immer individuell betrachtet werden. Solange ich keine Schmerzen in Ruhe und beim Gehen habe, kann ich wieder mit dem Laufen beginnen. Begonnen wird mit 3 Minuten Intervallen an leichter Hangneigung. Bergan ist zu Beginn des Lauftrainings besser, da der Vorfuß somit einen kürzeren Weg zurück legen muss, somit die vordere Wadenmuskulatur weniger präzise diese Bewegung kontrollieren muss und zum teil noch entlastet werden kann. 

Sind die Schmerzen in Ruhe und beim Gehen vorhanden heisst es Laufpause !!!…aber auch nur Laufpause- keine Sportpause. Fokussiert sollte sich auf das eigene Rehaprogramm mit Kräftigung und Dehnung und als Konditionstraining bietet sich Radfahren, Schwimmen und Aquajoggen an. Nach ca. 6 Wochen und Schmerzfreiheit kann mit den ersten 3min Intervall bergan gestartet werden. Diese lassen sich auf 5x3min ausweiten und somit sich langsam wieder in ein intensiveres Lauftraining hineingearbeitet werden. 

Unterstützen lässt sich das ganze natürlich noch durch eine optimale Ernährung 😌…aber auch das ist ein anderes Kapitel 😶….

Im nächsten Artikel bleiben wir ganz unten im Körper und widmen uns dem Vorfußschmerz….😎

Viel Spaß beim Laufen !

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen